Fingerabdruck vergangener Kulturen, Suche nach Ursprung und Nahrung für Körper, Geist und Seele

Rot reguliert die grundlegendsten Bedürfnisse wie Essen, Trinken, Schlaf- und Wachmuster und ist das Zentrum des primitiven Selbst und des tierischen Bewusstseins. Es verkörpert das Blut und das Leben selbst: «Blut ist der Ursprung des Körpers. Es ist das Blut, das die Vitalität aufrechterhält. Blut ist Leben. Daher sollte es mit größter Sorgfalt bewahrt werden.» (Indische Schriften, Varanasi. 1963)

Kinder bis zum Alter von sieben Jahren befinden sich im roten Entwicklungsstadium. Sie reagieren intuitiv und der bewusste Verstand beginnt sich erst gegen Ende dieser Stufe zu entwickeln. Wenn es ausgeglichen ist, ruft das rote Energiezentrum Stabilität hervor. Es ist dynamisch, rhythmisch, in ständiger Bewegung, wie das rote Blut, das in unserem Körper zirkuliert. Die positiven Aspekte von Rot sind Liebe, Energie, Vitalität, Spass und Freude, während die negativen Kräfte von Rot Zerstörung, Aggression und Hass sein können. Wenn Rot im Ungleichgewicht ist, kann es zum Zentrum von Illusion, Wut und Gier werden. Soldaten, Abenteurer, Schmuggler, Tyrannen, Despoten und Rebellen sind typische Vertreter eines von Rot durchdrungenen Charakterwesens. Menschen mit bewusst oder unbewusst hoher Affinität für Rot werden von Nacktheit und Sexualität angezogen und mögen oft rhythmische Musik.

Wenn man rote Bettwäsche für eine bereits hyperaktive oder beunruhigte Person verwendet, wird der Effekt von Bewegung verstärkt, wodurch Schlaf und tiefe Ruhe unmöglich werden. Um diese Wirkung auszugleichen, müsste man Grün (beruhigend im Sinne von ausgleichend, sichernd, atmend, ruhend), Lavendel (beruhigend im Sinne von Gelassenheit, Spiritualität, Luftigkeit), Gelb (beruhigend im Sinne von Sonnenlicht, Wärme, Erdung und Freude) verwenden, um nur einige Möglichkeiten zu nennen.

Rot steht für die stete Suche nach Nahrung, um Körper, Geist und Seele zu nähren. Es repräsentiert Stärke, Stabilität und ein festes Fundament. Wenn es jemand an Vitalität fehlt, kann er etwas Rotes wie Rote-Beete-, Karotten- oder roten Traubensaft trinken. Ausserdem kann man einen der typischen (roten) Steine wie Granat, Hämatit, roter Jaspis, Koralle, Onyx, Rubin und schwarzer Turmalin auf bestimmte Körperstellen legen – am besten unter Sonneneinstrahlung. Dem Tragen von Schmuck, wie einer Halskette aus roten Steinen, wird eine durchblutungsstärkende Wirkung zugesprochen. Rot wird ein bitterer Geschmack zugeordnet und die Himmelsrichtung ist Süden. Rot ist als Erinnerung an Feuer und Leben tief im Gedächtnis des Menschen verankert. Es weckt Assoziationen von Wärme, leichter Entflammbarkeit und Licht.

Erdensonne, Feuer, Licht

Feuer wird mit Rot assoziiert, weil es in seinen Eigenschaften der Sonne am nächsten kommt. Als Pendant zur Sonne am Himmelsfirmament wird das Feuer als «Sonne auf der Erde, als Erdensonne» bezeichnet. Es spendet Licht und Wärme in der Dunkelheit. Feuer vermittelt dem Menschen am meisten von dem Gefühl, welches uns die Sonne schenkt. Es ist essentiell für das Leben, zum Kochen, Heizen und für gesellige Anlässe. Gesellige Abende am Lagerfeuer sorgen für eine vertraute Atmosphäre. Gerät das Feuer ausser Kontrolle, schürt es Angst, Not und Verdrängung. Waldbrände, flammende Infernos, siedend heisse Lavamassen sind der Inbegriff von purer Zerstörung.

Die Signalwirkung von Rot hängt mit seiner langen Wellenlänge zusammen. Man sieht Rot von grösstmöglicher Entfernung, weshalb es auch als Ampel-Farbe ganz oben leuchtet und generell signalisiert: Achtung, Stopp! Die Beziehung zu Licht, Signalwirkung und Wärme findet sich auch heute noch in Form von roten Logos für Firmen in den Bereichen Licht, Elektro und Wärme. Aufgrund seiner Assoziation mit Feuer ist Rot auch beliebt als Kommunikationsfarbe für Küchengeräte. Rot in Kombination mit Weiss ist weit verbreitet und bekannt. Beide Farben vermitteln die Idee von Licht sowohl bei Tag als auch bei Nacht.

Rot und Weiss: Licht, Quadrat und Kreis

Verschiedenste Länder kommunizieren ihre essentiellen Werte in rot-weiss-farbigen Flaggen, welche u.a. Verwurzlung und starke Verbundenheit mit der Heimat implizieren. Diese Bildbotschaften vereinen in ihren Farben, Formen und Symbolen die wichtigsten Grundwerte der jeweiligen Länder. Die Formgebung beeinflusst die Wahrnehmung. Je eckiger die rote Form ist, desto mehr wirkt sie den Eigenschaften und der Energie von Rot entgegen. Je stärker der Wunsch nach Ausgleich, Entschleunigung und Aufhebung innerer Zusammenhänge ist, desto eckiger wird die Darstellung von Rot. Im Quadrat werden Dynamik und Beweglichkeit von Rot gestoppt, weil das Quadrat –entgegen eines kreisrunden Rades– Bewegung hemmt oder unmöglich macht. Indoor-Feuerstellen begegnen uns daher als eckiger Kamin. Offene Lagerfeuer im Freien laden hingegen zum Beisammensein im Kreis ein.

Rot in Verbindung mit Weiss: Rosa – Ausdruck von Heimat und Mutterliebe

Verschmelzen Rot und Weiss, entsteht Rosa. Zartes Rosa trägt zur Regulierung von primitiven Instinkthandlungen bei, weil sich «Primitiv- und Urinstinkt-Rot» mit Weiss verbindet. In Rosa entsteht Bereitschaft zur Deeskalation. Gefühle von Heimat, Mutterliebe und Zartheit beruhen auf der Verbindung von «reifen» Gefühlen in Verbindung mit emotionaler, geografischer und physischer Verwurzelung. Wird Rosa als Farbe für die Innenräume eingesetzt, dient es zur Beruhigung und Aggressionsminderung sowie zur Erinnerung an die eigenen Wurzeln. Je künstlicher Rosa ist, desto künstlicher (unechter) ist die damit verbundene Absicht. Wird natürlich zartes Rosa zu künstlich grellem Pink, handelt es sich oft um den Ersatz von seelischer Heimat und von künstlicher Oberflächlichkeit geprägten Beziehungen und Verbindungen. Telekom-Magenta suggeriert die Möglichkeit einer künstlichen Verbindung, die persönlichen Austausch ersetzt. Auch ist es kein Zufall, dass auffälliges Pink oft in Zusammenhang mit industriell geprägten Backwaren und Gourmet-Schokoladen auftritt, weil es das Backen mit Mutterliebe künstlich ersetzen soll.

Rot und Blau: von Instinkt und Rotlichtviertel bis Verstand und „Blaulichtviertel“

Rot ist für den Menschen mit Wärme und Energieerzeugung verbunden. Die Temperatur einer roten Flamme beträgt «nur» ca. 300°C, während eine Flamme in Weiss ca. 1000°C aufweist. Rot ist, energetisch betrachtet, eine vergleichsweise kühle Farbe. Als «kalte» Farbe kennzeichnete sie ursprünglich Wasserhähne für Kaltwasser. Heisses Wasser wurde mit Blau gekennzeichnet, weil eine Flamme in Blau bei ca. 800°C liegt. Diese Wasserhähne sind noch heute in einigen historischen Gebäuden, insbesondere in Südeuropa, zu finden. Moderne Wasserarmaturen weisen eine genau umgekehrte Darstellung auf, die auf die erlernten Sehgewohnheiten zurückzuführen ist, nach denen Rot «warm» und Blau «kalt» ist. Wenn es darum geht, den Körper mittels Wasser wohl zu temperieren, wäre die ursprüngliche Zuordnung zu bevorzugen – weil sie mit der inneren Wahrnehmung und Energieverteilung im Körper übereinstimmt.

Rot und Grün: über die Verwechslung von Oberfläche und Inhalt

Rot an der Oberfläche einer Frucht zeigt Reife an. Tomaten, Erdbeeren, Wein und Kirschen zeigen uns dies gerade jetzt und wie jedes Jahr während der Reife- und Erntezeit. Reife ist ein Prozess, der auf Wachstum beruht. Natürliches Wachstum entsteht, wenn mehr Energie vorhanden ist, als benötigt wird, um den Ist-Zustand zu erhalten. Dann ist alles im «grünen Bereich». Bei Zuführung von Sonne, Licht, Wasser und Wärme sowie von mineralischen Nährstoffen verwandeln sich kleine grüne Knospen in Früchte und bspw. in die prächtig leuchtenden Farben der Sommerblüten und -blumen. «Grüne Energie» im Inneren zeigt sich als Rot an der Oberfläche. Auch die Farbe echter und wahrer Herzensliebe ist Grün. Die Idee, dass Rot die Farbe der Liebe ist, bezieht sich auf die oberflächliche Liebe und ist vor allem ein kommerziell geprägtes Konzept, um beispielsweise rote Rosen besonders dann häufig und teuer zu verkaufen, wenn sie in der Natur nicht blühen, wie zum Valentinstag im Februar. Durch künstliche Einflüsse (Gewächshäuser, Importe aus anderen Ländern) gibt es heutzutage alles zu jederzeit und überall dort, wo Nachfrage vorhanden ist.

Rot als innerer Zustand zeigt sich im Aussen als Schwarz. Rot an der Oberfläche ist nur von kurzer Dauer, weil Rot kein Zustand, sondern der Ausdruck von Bewegung ist. Sobald Rot zum Stillstand kommt, verliert es seine Kraft und Farbintensität. Nach kurzer Braun-Phase wird es schwarz. Dies ist bei Kirschen genauso zu beobachten wie bei einem Stück brennendem Holz im Kamin. Dieses wird zunächst schwarz von der heissen, roten Feuerglut, bis es anschliessend als Asche zurück in den Kreislauf geht.

Eine Rot-Grün-Verwechslung ist eine Frage von Oberfläche und Inhalt sowie von Betrachtung und Empfindung. Bezieht sich Rot auf den inneren Zustand oder ist es die Beschreibung des äusseren Erscheinungsbildes? Wenn der innere Gemütszustand von roter Energie geprägt ist, herrscht steter Wandel und hohe Bewegungsenergie. Kommt diese zum Stillstand, äusserst sich dies in einem braun-schwarzem Erscheinungsbild. Wenn die Oberfläche rot im äusseren Erscheinungsbild ist, lässt dies auf einen gesunden, wachsenden, mit sich selbst verbundenen Organismus schliessen.

Die Rot-Grün-Sehschwäche verursacht eine Fehlsteuerung der Farbzuordnung während des Sehvorgangs. Die Seh-Beeinträchtigung geht auf eine Störung genetischer Informationen zurück, die physikalische und bio-chemische Prozesse beeinträchtigt – und teils bis zur völligen Farbblindheit führen kann. Es wäre in der jeweiligen Familiengeschichte zu prüfen, ob es -überlebensbedingt- Notwendigkeiten gab, die Farbzuordnung einer Empfindung oder Emotion anders darzustellen, als es die Wahrnehmung des äusseren Abbildes suggeriert hat. Eine Auflösung dieser Frage könnte dazu beitragen, die richtige Ordnung wieder herstellen zu können.